Zur Vertiefung: Firmung – Vollendung der Taufe

Taufe und Firmung waren jahrhundertelang in der Kirche ein einziger liturgischer Vorgang, oft auch verbunden mit dem Empfang der Eucharistie, als Aufnahme in die Glaubensgemeinschaft der Kirche. Zwar wird im 8. Kapitel der Apostelgeschichte erzählt, dass die Menschen in Samaria getauft waren, aber dass der Heilige Geist "noch nicht über sie gekommen war" (Apg 8, 16), und deshalb empfingen die Samariter durch Handauflegung der Apostel den Heiligen Geist.


Ob man hier von zwei getrennten Sakramenten der Taufe einerseits und der Firmung andererseits sprechen kann, ist sehr unsicher. Sicher aber ist, dass bis in das fünfte Jahrhundert hinein alle drei Sakramente als Aufnahmeritus in die Kirche gemeinsam gespendet wurden. Wo ein Bischof anwesend war, wurde das bis ins 12. Jahrhundert praktiziert; denn für die Firmung war allein der Bischof der authentische Spender.


In der Ostkirche hat sich dieser gemeinsame sakramentale Ritus bis heute erhalten: Schon die ganz kleinen Kinder werden zunächst getauft, dann sofort anschließend gefirmt, und dann empfangen sie die erste heilige Kommunion. Im Westen dagegen hat sich durch den späteren Eucharistie-Termin auch der Firm-Termin verschoben, so dass die drei Sakramente jetzt getrennt gespendet werden: die Taufe ganz früh, die Eucharistie erstmals im Kindesalter, und die Firmung etwas später.


Aber es hat auch immer wieder Überlegungen gegeben, ob es denn auch anders möglich wäre, immer unter der Voraussetzung, dass die Firmung theologisch bleibt, was sie ist: "Vollendung der Taufe". Deshalb sind manche Gemeinden versuchsweise dazu übergegangen, beim Firmsakrament das öffentliche, verantwortete Bekenntnis zum christlichen Glauben besonders zu betonen.
Bei der Taufe haben die Eltern des Kindes den Wunsch gehabt, das Kind möge Glied der Glaubensgemeinschaft "Kirche" werden, jetzt erklärt der junge Christ selbst, dass er voll und ganz diesem Wunsch der Eltern zustimmt.


Weil ein solches Bekenntnis gerade in unserer Zeit nicht nur Mut, sondern auch ein gewisses Maß an Lebens- und Glaubenserfahrung erfordert, setzt man den Firm-Termin gern in die Nähe des Erwachsen-Werdens, also dann, wenn auch Verantwortung als mündiger Staatsbürger (Wehrdienst, Wahlrecht usw.) auf den jungen Christen zukommt. Da wird es dann Zeit, auch als Christ seinen Mann, seine Frau zu stehen.


Natürlich ist der Heilige Geist schon seit der Taufe oder auch schon vorher wirksam, und wenn der Firmbewerber sich zur Firmvorbereitung anmeldet, ist gewiss auch dann Gottes guter Geist am Werk, aber bei der Firmung geschieht im "geistlichen" Dialog zwischen dem bekennenden jungen Christen und dem im Namen der Kirche zustimmenden Bischof die Gegenwart des Gottesgeistes, bekräftigt durch das sakramentale Zeichen der Chrisam-Salbung.


So könnte es sein, dass in dieser Form der Firmung eine neue Akzentuierung verwirklicht wird, indem besonders herausgehoben ist, dass man heute nicht nur durch Geburt und familiäre Bindung, sondern auch durch personale Zustimmung und bewusste öffentliche Entscheidung Christ ist.


Anderswo sind andere Wege versucht worden, z.B. in französischen Bistümern, wo die Firmung in Angleichung an die ursprüngliche sakramentale Reihenfolge an den Beginn der Schulzeit gelegt wird, bevor der Gefirmte dann einige Jahre später zum vollgültigen Mitglied der Eucharistie feiernden Gemeinde wird.

 


Medientipp:
Ulrich Zurkuhlen
Glaube im Wandel; 60 Schlüsselbegriffe erklärt
Kevelaer, Butzon und Bercker; Münster, Dialogverlag 1999
ISBN 3-933144-20-5


Text: Ulrich Zurkuhlen, Kirche+Leben

Foto: Michael Bönte, Kirche+Leben